Cherzli 1: Früher und jetzt

Als ich noch ein Kind war – das ist nun schon eine ganze Weile her –, da sahen meine Samstage im Winter meistens etwa so aus: Zuerst draussen mit den Pfadi (bzw. mit den Wölfli) umherstrielen, dann, frisch umgezogen, zu Hause bei einem Fondue sich langsam von innen her aufwärmen, zuletzt im Kreis der Familie die grosse «Samstagabend-Kiste» schauen. Sie wissen schon: «Wetten, dass..?» und so. Ob die Welt damals besser war, weiss ich nicht; dem Gefühl nach war sie es.

Ich wuchs und wuchs heran – auch das vor einer Weile –, und irgendwann war die Wölfli- und Pfadi-Zeit vorbei. Einige Jahre darauf zog ich von zu Hause aus. Das bedeutete dann: keine Sofa-Abende mit der Familie mehr, kaum je mehr ein Familienfondue. Echte Lagerfeuer loderten also nur noch selten, ebenso das «Fernseh-Lagerfeuer»… und das Rechaud wärmte mich, genau genommen, gerade noch einmal im Jahr: an Heiligabend! Diesen verbrachte ich nämlich jeweils bei meinen Eltern, wo sich die folgende Tradition entwickelte: zuerst im Caquelon rühren, dann miteinander ab zur Christnachtfeier an meinem damaligen Wohnort.

Seit ich selber eine Familie habe (und seit ich die Christnachtfeier, mein Lieblingsfest, selber gestalte), gibt es auch diese zweite Tradition nicht mehr. Die Zeiten ändern sich. Wobei: Dieses Jahr wäre es sowieso etwas schwierig mit dem Fondue – hygienetechnisch, meine ich… so, wie dieses Jahr das Beisammensein sowieso wieder erschwert ist. Schon zum zweiten Mal. So viel Unsicherheit, so viel Müdigkeit, so viele Menschen mit schwerem Herzen. Ja, doch: Früher war es besser! Das sagt nicht nur das Gefühl. Und es scheint auf einmal viel länger als nur «eine Weile» her.

Um möglichst viele Seelen wie ein echtes Lagerfeuer zu erwärmen… um möglichst viele Menschen wie die alten «Fernseh-Leuchtfeuer» zusammenzuführen… und um möglichst viele Gesichter zur «Rührung» zu bewegen, gestalten wir für Sie deshalb auch in «Jahr zwei» diesen Online-Adventskalender – wieder mit 24 ganz besonderen «Cherzli». Ab heute und bis Heiligabend erwartet Sie hier also jeden Tag ein neuer Beitrag von einer lieben Nachbarin oder einem lieben Nachbarn aus dem Kelleramt: eine Erinnerung, eine Geschichte, ein Bericht, eine Musik… Es wird etwas fürs Gemüt, und es wird Ihnen gefallen. Wetten, dass…?

Lassen Sie sich überraschen. Und haben Sie einen frohen Advent!

Reto Studer, Pfarrer reformierte Kirchgemeinde Kelleramt

5 Gedanken zu „Cherzli 1: Früher und jetzt“

    1. Liebe Frau Baumann

      Danke vielmals für Ihre Rückmeldung! Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Öffnen der nächsten 23 Türchen. Letztes Jahr haben Sie ja einen eigenen Text beigetragen, dieses Mal dürfen Sie einfach geniessen…

      Herzliche Grüsse, und einen frohen Advent,
      Reto Studer

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  1. Lieber Herr Studer
    Ein wunderbarer Text, der mich sehr berührt. Ich bin zwar eine Generation älter, aber als Mutter zweier Kinder habe ich viele Wochenenden ähnlich in Erinnerung, vor allem die gemeinsamen Samstagabende vor dem Fernseher.
    Danke für den Adventskalender! Ich freue mich auf die anderen Beiträge und werde sicher täglich hereinschauen.
    Herzlich
    Nadine Schwegler

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    1. Liebe Frau Schwegler

      Danke vielmals für Ihre herzige Rückmeldung! Ich freue mich, dass der Kalender für Sie so positiv gestartet ist – und ich kann Ihnen versprechen: Es erwarten uns noch viele Highlights. Viel Freude beim Entdecken!

      Herzliche Grüsse, und einen frohen Advent,
      Reto Studer

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